Autor + Bilder: © Detlef Teichmann

Reisebericht »Cols et Gorges«

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08.09.2011 – 7:30 Uhr – Frühstück   •   Der westlichste Punkt der Reise, Pont d'Arc und ähhh, tjaaaaa …

Gestern Abend hatten wir ausgiebig darüber diskutiert, ob wir hier im L'Escapade den 1. Ruhetag einlegen sollen. Ein klasse Quartier in herrlicher Umgebung, was will man mehr?! Aber der Wetterbericht verspricht für die nächsten Tage Sonnenschein, über einen längeren Zeitraum als zwei Tage vertrauen aber weder Manfred noch ich den Vorhersagen. Wie ärgerlich, wenn wir den Grand Canyon du Verdon nicht im Sonnenschein erleben würden!

So verabschieden wir uns schweren Herzens von Maryse und Eric (und von le velours-patte). Bei herrlichem Sonnenschein starten wir gegen 8:15 Uhr zur nächsten Tagesetappe, die uns bis irgendwo hinter den Fluß Ardèche, besser noch auf die Ostseite der Rhône bringen soll. Schon jetzt am frühen Morgen erstrahlt die Natur in den sattesten warmen Farben, kein Dunsthauch trübt den Blick. Alle paar hundert Meter könnte man anhalten und den Fotoapparat in Anschlag bringen.

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Wieder reiht sich Kurve an Kurve, allerdings sind die Straßen hier zwar klasse asphaltiert, aber doch holperig. Immer wieder schwenkt die Straße in ein anderes Seitental, wechselt sie die Uferseite des Wasserlaufes. Heute kaufen wir schon gegen 10:30 Uhr zu Mittag ein, da nach Jaujac nur noch sehr kleine Ortschaften und Weiler zu erwarten sind. Gegen 11:30 Uhr stehen wir nach der Bewältigung einer schier endlosen Rampe auf der Passhöhe des Col de Meyrand, mit 1370 m zwar nicht besonders hoch, aber welch ein Rundblick bietet sich hier dem Naturliebhaber! Bis zum Alpenrand kann man schauen, majestätisch erhebt sich die kahle Spitze des Mont Ventoux über die anderen Berge. Wir können uns kaum lösen, aber es wartet in kaum einem Kilometer ein Ereignis für die Statistik auf uns: in der Spitzkehre in Loubaresse erreichen wir den westlichsten Punkt unserer Reise.

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Bei La Gua hat die Baume eine tiefe Schlucht in das Gestein gegraben. Schließlich erreichen wir Joyeuse, fahren ein paar Kehren den Berg hoch und laben uns an der mitgeführten Wegzehrung. Die Weiterfahrt nach Saint-Alban-Auriolles führt laut Mapsource und dem MTP über ein zwar kleines aber befestigtes Sträßchen. Da ich die Route recht gut im Kopf (zu) habe(n glaube), denke ich mir nichts dabei, als der Straßenbelag auf Stein wechselt (das kann man ja durchaus »nicht unbefestigt« nennen) und so ein komisches weißes rundes Schild mit rotem Rand am Straßenrand steht. Manfred, der heute wie meistens vorausfährt, hält an und fragt mich, wann denn wieder Asphalt kommt. Ich antworte, dies sei in ein paar hundert Metern zu erwarten. Wir beschließen, das Schild zu ignorieren und fahren weiter. Der Weg wird holpriger, die Felsstufen höher, das Geröll gröber, es geht leicht bergan, alles kein Problem, wenn man locker bleibt. Schließlich senkt sich der Weg, die Brocken sind inzwischen recht groß, aber umkehren wäre jetzt recht schwer zu bewerkstelligen. Also Augen auf und durch!

Immer wieder rutscht die Maschine ein Stück weg, noch haben wir die Situation im Griff, aber irgendwann passe ich nicht auf – die Füße habe ich knapp über dem Boden schweben und muss deshalb die Handbremse nutzen – und überbremse. Das Vorderrad blockiert, die Maschine kommt in Schieflage, alle Anstrengung hilft nicht, ich muss sie ablegen. Über Funk informiere ich Manfred, der zwei Kurven weiter ist, er stellt seine Maschine ab, kommt per pedes zu mir und hilft mir die Maschine aufrichten. Ein paar Kratzer hat die Aktion gebracht, abgebrochen ist zum Glück nichts. Ich fahre die Maschine bis zu Manfreds FJR. Wieder fahren wir los, Manfred kommt gut durch, ich bin nicht mehr ganz so locker, auf einem ziemlich üblen Stück muss ich dem Weg ein zweites Mal Tribut zollen. Wieder lege ich das Motorrad ab. Same procedure as last bend, diesesmal bitte ich Manfred, die FJR bis zu seiner Maschine zu fahren. Das letzte Stück fahre ich dann wieder selbst, allerdings verzögert ein Belgier, der uns mit seinem Auto (kein Geländewagen!) auf dem schmalen Weg entgegenkommt (die spinnen, die Belgier!), das Ende der Aktion ein gutes Stück. Schließlich erreichen wir Saint-Alban-Auriolles, Manfreds FJR ist unbeschädigt, meine hat ein paar Altersfältchen mehr.
By the way, die geschätzten paar hundert Meter summierten sich letztlich auf fünfeinhalb Kilometer!

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Die nächste halbe Stunde fahre ich neben mir, erst als wir die Ardèche erreichen und ich mir eine kühle Cola einverleibt habe, finde ich wieder zu mir. Die herrlichen Motive, die der Fluss bietet, natürlich allen voran der Pont d'Arc, vertreiben den Ärger. Wir lassen uns für die gut 30 km den Fluss entlang ausreichend Zeit, halten an dem ein oder anderen Aussichtspunkt an und bannen die Ardèche immer wieder auf die Speicherkarte. Am letzten Aussichtspunkt kann ich sogar schon wieder lachen.

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FotoBei Saint-Martin-d'Ardèche verlassen wir den Fluss und queren erneut die Rhône. Da uns unser Abenteuer doch an die zwei Stunden Zeit gekostet und die Wärme an der Substanz gezehrt hat, beschließen wir, uns ein Quartier zu suchen und werden recht schnell im Hotel du Comte fündig. Wie sich herausstellt, wird es von Kirsten Rometsch geführt, einer Saarländerin, die die Liebe nach Südfrankreich verschlagen hat.

Eine Überraschung hat der Tag für uns aber noch zu bieten. Das uns empfohlene Restaurant im Ort bietet nur am Wochenende Speisen an, da es inzwischen schon recht spät ist und alle Läden geschlossen haben, bleibt uns nur der Gang zur Mitnehmpizzeria. Wir lassen uns Pizza und Salat einpacken, suchen uns eine Bank und leben von der Hand in den Mund. Im Wochentags-kein-Essen-anbiet-Restaurant können wir dann wenigstens eine Cola ordern, so dass ein denkwürdiger Reisetag dann langsam ausklingen kann.

Ach übrigens, Hotel du Comte ist das Haus auf dem linken Bild …

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