Autor + Bilder: © Detlef Teichmann

Reisebericht »Cols et Gorges«

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04.09.2011 – 8:00 Uhr – Frühstück   •   Auf nach Frankreich! (aber wird es heute regnen?)
FotoZum Glück wurden die Bilder der Schöllenen-Schlucht und des Furkas bereits am Vortag aufgenommen, heute wäre das Ergebnis ernüchternd gewesen …

Der Blick nach draußen weckt Hoffnung. Die Straßen und die Luft sind feucht, Regen fällt aber nicht vom Firmament. Als notorischer Optimist verzichte ich auf die Hosenmembran, zahle und verabschiede mich von Frau Dittli. Wie oft in der Schweiz war die Unterkunft sehr rustikal, Toilette und Dusche auf dem Flur, aber alles peinlich sauber. Das kleine Zimmer konnte ich verschmerzen, da ich während einer Motorradtour nachts eigentlich mit rund 2 m² auskomme, das reicht zum ausstrecken und auf die Seite drehen. Dafür kann das Gasthaus Bergheim mit für die Schweiz günstigen Konditionen punkten, Frühstück und Abendessen waren lecker und reichlich.

Heute fahre ich über Wassen in die Schöllenenschllucht, beeindruckend, wie sich hier Straße und Eisenbahn den knappen Raum teilen. An der Teufelsbrücke werfe ich einen kurzen Blick in die Schlucht und kann mir gut ausmalen, wie die Menschen in grauen Vorzeiten hier um eine gangbare Passage gekämpft haben. Heute kämpfe ich – mit den inzwischen dichter fallenden Regentropfen, habe trotzdem noch Hoffnung, denn der Himmel ist hellgrau, also kann die Wolkendecke nicht so fürchterlich dick sein.

Der Wolkendecke scheint ihre Dicke allerdings eher egal zu sein, entledigt sie sich doch beharrlich und immer eifriger werdend ihrer nassen Last. Ich fahre von Andermatt nach Hospental und beginne den Aufstieg zum gestern ausgelassenen Furkapass. Jegliche Hoffnung, dem Pass heute auch nur den geringsten Genuss abgewinnen zu können, muss ich begraben. Es regnet beständig, es ist kühl. Am Hotel Belvédère schließlich kapituliere ich. Unter dem Dach des um diese Uhrzeit noch geschlossenen Andenkenladens finde ich einen halben Meter trockenen Bodens, ziehe mir Stiefel und Hose aus, zippe die Membran ein, ziehe alles wieder an, gerade rechtzeitig, um den fordernden Blicken der Ladenbesitzerin entfliehen zu können.

FotoIn Gletsch komme ich trotzdem reichlich früh an und suche mir auch hier ein Dach über dem Kopf. Aber auch Manfred trifft bereits weit vor der vereinbarten Zeit ein, wir begrüßen uns herzlich und tauschen kurz die letzten Neuigkeiten aus. Da der Ort aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht zum längeren Verweilen einlädt und wir ja auch reisen und nicht rasten wollen, satteln wir unsere Eisenschweine und rollen bald die Rhône entlang, die aber hier noch Rotten heißt, erst einmal nach Ulrichen.
Die Wolkendecke reißt auf, streckenweise finden wir trockene Straßen vor, so dass wir bei Visp sogar den geplanten Abstecher nach Unterbäch auf der südlichen Hangseite nicht auslassen. Wir werden mit einigen schönen Blicken ins Rhônetal belohnt; an einem besonders schönen Punkt machen wir dann auch gleich die erste kleine Pause. Trotzdem macht uns der Himmel immer noch Sorgen, nur gelegentlich, eher selten lugt die Sonne durch ein kleines Loch in der Wolkendecke.

Bis kurz vor Martigny fahren wir noch im Trockenen, dann öffnet der Himmel wieder seine Schleusen und wir rollern ziemlich nass über den Col de la Forclaz. Etwa beim Col des Montets wird es wieder trocken und etwas sonnig, es reicht aber nicht, den Gipfel des Montblancs zu sehen, überhaupt zu erahnen, welche der Bergflanken wohl zu diesem gehört. Trotzdem kommt jetzt so etwas wie Fahrfreude auf, scheint sich das Wetter doch zu stabilisieren. FotoBis Cluses fahren wir noch teilweise über Nationalstraßen, dann beginnt für mich (den Grund kann ich eigentlich gar nicht erklären) mein eigentlicher Frankreichurlaub: raus aus der Stadt, die ersten engen und steilen Serpentinen über die D119 und Romme, weiter über den Col de la Colombière – dann beginnt der Regen wieder, mal recht stark, mal etwas schwächer, aber immer ist alles grau in grau. Den Col des Aravis und die Gorges de l'Arondine nehmen wir gar nicht richtig wahr. Erst als wir in einer trockenen Phase, allerdings bei regem Autoverkehr die Gorges d'Arly durchfahren, beschleicht mich eine Ahnung, was für Naturwunder uns in den nächsten Tagen noch erwarten werden.

Die erste Übernachtung war nach Überwindung des Col de la Forclaz de Queige angedacht, in Queige verweist man uns allerdings nach Beaufort. Da der geplante Besuch des Aussichtspunktes Signal de Bisanne bei den heutigen Wetterverhältnissen keinen Sinn macht, fahren wir auf direktem Weg nach Beaufort, leider auch direkt in einen üblen Regenguss. Wir kommen gut im Hotel Du Grand-Mont unter, essen schmackhaft und preiswert zu Abend (ein mittelgroßes zartes Steak mit Pommes Frittes und verschiedenen Gemüsen für 11 €) und denken an zwei Lieder: »Regentropfen, die an mein Fenster klopfen«, allerdings ersparen wir den anwesenden Gästen, nette Kerle, die wir nunmal sind, das »I'm singing in the rain«.

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