Autor + Bilder: © Detlef Teichmann

Reisebericht »Cols et Gorges«

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07.09.2011 – 7:30 Uhr – Frühstück   •   die großen Gorges des Vercors.

Beim Frühstück unterhalten wir uns noch mit Gilbert, naja, eigentlich unterhält sich Manfred und ich versuche nur, anhand der aufgeschnappten und für mich übersetzbaren Brocken einigermaßen dem Gespräch zu folgen. Wir beschreiben ihm unsere nächsten Ziele und sofort bewahrheitet sich, was ich schon bei www.alpenrouten.de nachlesen konnte: der Streckenabschnitt der Gorges de la Bourne zwischen Villard-de-Lans und dem Pont de la Goule Noire ist auf 5 Jahre jeweils zwischen dem 1.9. und Ende November auf Grund von Streckensanierungen gesperrt. Wieder heißt es unsere Route ändern, den Col de la Croix-Perrin und die Gorges du Meaudret müssen wir leider – in diesem Falle – rechts liegen lassen; so fahren wir noch einmal die D215 und die D221, um uns dann von Süden her den Gorges de la Bourne zu nähern.

FotoFotoSchon ab Les Clots können wir oben vom Berg die gewaltige Schlucht einsehen, schließlich biegen wir auf die D531 ein und finden uns unter weit überhängenden Felsen wieder. Bilder können einfach nicht den Eindruck wiedergegeben, den das kleine Menschlein angesichts solch gewaltiger wilder Natur empfindet. Respekt natürlich auch gegenüber den Menschen, die unsere Straße in diese Felsen trassiert haben.

Uns bleibt nur staunen und genießen!

Bei Choranche weitet sich die Schlucht, wir aber biegen rechts ab, um den Col de Toutes Aures près Presles zu erreichen. Hier sind wir auf dem Hochplateau, in dessen Stein sich die Wässer ihren Weg gegraben haben. Wieder reiht sich Aussicht an Aussicht, uns bleibt nur Wundern über die Einfälle der Natur und, wie noch öfters im Verlaufe der Reise, ein wenig Ehrfurcht.

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Selbst hier oben, man möchte fast sagen »abseits jeder Zivilisation«, finden wir selbst kleinste Straßen in einem Zustand vor, den man sich in Deutschland für manche Landstraße wünschen würde. Wir lassen schließlich den Pas du Pré Coquet hinter uns und erreichen hinter Malleval-En-Vercors die Gorges du Nan. Lange hatte ich bei der Planung überlegt, ob ich diesen Schlenker überhaupt in die Route einbauen sollte. Was wäre uns entgangen, hätten wir diese Schluchten nicht gesehen!

FotoFotoIm Denzel ist dieser Streckenabschnitt in schönen Worten beschrieben:

»Die steinschlaggefährdete Strecke senkt sich in den felsigen Schlund der Gorges du Nan. Der abenteuerlichste, vorwiegend einspurige Abschnitt ist ungefähr 300m lang. In Schwindel erregender Höhe wurde die Trasse in senkrecht abfallende bzw. sich nach unten verjüngende Felswände geschlagen. Man durchfährt drei Tunnels und längere Teilstücke mit überhängendem Fels. Steinbrüstungen schützen vor dem Abgrund. Gemächlich geht es dann in mehreren Kehren hinab nach Cognin-les-Gorges, das von ausgedehnten Nussbaumplantagen umgeben ist.«

Im Isère-Tal lassen wir es jetzt mal rollen, biegen aber schon in Saint-Romane zum malerisch gelegenen Pont-En-Royans ab. Nach Querung von La Bourne erhaschen wir einen Blick auf die Schokoladenseite des an den Hang geklebten Städtchens.

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Nun folgen zwei Enttäuschungen. Die Petite Goulets stellen sich als (zumindest vom Motorrad) kaum wahrnehmbar heraus, die Grands Goulets werden inzwischen durch einen Tunnel umfahren. Wie bereits vorher im Netz nachzulesen, ist der Eingang zu diesem einzigartigen Naturschauspiel wegen erheblicher Steinschlaggefahr konsequenterweise auch für Fußgänger verriegelt und verrammelt. Einen Eindruck dieser herrlichen Schlucht findest Du in der google-Bildersuche. Wir überqueren Col de Proncel und Col de la Chau, am Col de la Machine können wir schon von weitem am Eingang zur Combe Laval das gefürchtete Schild erspähen: »ROUTE BARRÉE«. Trotzdem ist es uns möglich, wenige 100m in die Schlucht vorzudringen, irgendwann wird uns aber die Weiterfahrt freundlich, aber bestimmt verwehrt. Auf den Tiefblick 600m zum Bachgrund müssen wir leider verzichten.

FotoTrotzdem reicht es für eine kleine Pause und ein paar schöne Erinnerungsbilder.

Also fahren wir über die D2 und Saint-Laurent-En-Royans (Mittagsstop beim französischen Türken [oder ist es doch ein Algerier?] mit leckerem Kebab und angeregter Unterhaltung mit dem Chef) nach Saint-Jean-En-Royans (eine wie man sieht durch und durch heilige Gegend!). Frisch gestärkt meistern wir Col de la Croix de Bouvante, Col du Tunnel du Pionnier, Combe Lavalle (die Straße verläuft eindrucksvoll und aussichtsreich genau auf dem schmalen Grat zwischen zwei Tälern), Col de la Bataille, vorbei am romanischen Zisterzienserkloster Abbaye de Léoncel, und verlassen den Vercors mit Passieren des Col des Limouches.

Nun queren wir das Rhône-Tal, quälen uns durch Valence. Bei Saint-Péray empfängt uns die Ardèche mit einem Begrüßungsgeschenk, wie man es sich wertvoller nicht vorstellen kann. Bis Lamastre beschert uns die D533 Kurve an Kurve, bestens asphaltiert und in nicht zu engen Radien, dazu am frühen Nachmittag absolut verkehrsarm. Hier vergessen wir die Landschaft um uns herum und erstmalig auf dieser Reise kratzen bei beiden Maschinen trotz Höherlegung die Fussrasten. Als wir in Lamastre Richtung Saint-Félicien abbiegen, steht Manfred und mir ein breites Grinsen ins Gesicht geschrieben. Nun allerdings richten wir unser Augenmerk auch wieder auf die uns umgebende Natur und müssen attestieren, dass der Name Ardèche Verte nicht von ungefähr kommt. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit umgibt uns hier ein den Augen wohltuendes frisches Grün, eher lieblich denn schroff die Landschaft, ein Genuss, der uns auch den nächsten Tag noch bis zum Nachmittag begeistern wird.

FotoIn Saint-Félicien fragen wir kurz vor 17:00 Uhr im Office du Tourisme nach einer Unterkunft, möglichst in der Gegend um Rochepaul (einige Kilometer wollen wir heute möglichst noch fahren). Während Manfred die Verhandlungen führt und der nette junge Mann im Büro die Unterkünfte abtelefoniert, warte ich draußen und passe auf unsere FJR's, Navis und Klamotten auf. Hier werde ich von einem ca. 80-jährigen Franzosen angesprochen, sage mit einem freundlichen Lächeln (ja, ich kann, wenn ich will) brav mein Sprüchlein »Excusez-moi. Je ne parle pas français!« auf und denke, damit ist das Gespräch beendet. Aber der alte Herr lässt nicht locker und fragt mich mit englischen und deutschen Sprach­fragmenten aus. Da Manfred jetzt hinzukommt, wird das »Gespräch« aber bald beendet. Da die Kumpel des alten Herrn ihn ohnehin auf der Bank des Dorfplatzes erwarten, ist dieser aber auch gar nicht böse darum und verabschiedet sich mit einem Lächeln. Da sage noch einer, Franzosen seien unfreundlich, arrogant oder gar deutschfeindlich!

Mit unserer Unkunft machen wir einen ausgesprochenen Glücksgriff! Das L'Escapade wird von einer jungen Familie geführt, der Ehemann der Patronin fährt Ducati, die Zimmer sind liebevoll eingerichtet, ein Swimmingpool lädt zur Abkühlung ein, Manfred lässt es sich nicht nehmen, sich einige frische Tomaten aus dem hauseigenen Garten zu organisieren und ich genieße es, mal wieder eine Samtpfote hinter den Ohren zu kraulen.

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