»Viaggio al Lago di Bènaco«

Autor: © Detlef Teichmann
Banner: © Tina Behring
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Donnerstag, 06. September 2012

Lago di Valvestino, Sella Cavacca, Giogo del Maniva, Goletto delle Crocette, Passo del Dosso Alto, Lago d'Idro, Tremalzo, Brasa-Schlucht und einiges mehr …


Abfahrt zur Fähre
© Foto: Ralf Schreiber

Heute ist der Monte Baldo an der Reihe! Mit der Fähre werden wir von Toscolano Maderno nach Torri del Benaco übersetzen, das wollen sich auch die nicht ganz so motorradverrückten Sozias Jola und Veronika nicht entgehen lassen. Michael und Christine klinken sich aus; sie wollen unbedingt eine Runde in den Dolos fahren; Frank nimmt einen freien Tag und Daggys Schulter schmerzt so stark, dass sie nicht mitfahren will, Axel bleibt bei ihr. Toddy fährt heute bei mir mit, damit die Gruppen gleich besetzt sind. Pünktlich um 9:00 Uhr geht es los (wann auch sonst?), um früh genug an der Fähre zu sein.


Anlegestelle in Toscolano Maderno
© Foto: Peter Papenfuss

Die Gruppen an der Fähre
© Foto: Peter Papenfuss

Sind wir auch. Nützt aber gar nichts. Der capitano will heute Morgen keine Motorräder mitnehmen, weil der Wellengang in der Mitte des Sees zu hoch ist. Kurze Absprache zwischen Manfred und mir, dann ist klar, dass die Tour damit für heute gestorben ist; südlich oder nördlich um den See rum macht keinen Sinn, so beschließen wir, die Idrotour vorzuziehen. Also aufsitzen, gewendet und bis Gargnano, dann die Serpentinen den Berg hoch.


Am Hafen in Toscolano Maderno
© Foto: Jürgen Göbbels

Schon schwingen wir wieder den Valvestino lang (in Gegenrichtung zu gestern!), lassen auch die Schleife über Persone nicht aus, um dann kurz hinter dem Passo di Capovalle auf ein unscheinbares und schmales, aber aspahltiertes und sauberes Sträßchen abzubiegen. Langsames Fahren ist angesagt (Gegenverkehr ist immer möglich, bleibt aber aus) und nachdem wir den Passo del Cavallino della Fobbia gemeistert haben, kehren wir im Refugio an der Sella Cavacca auf einen Cappu ein. Offenbar hat dort so zeitig noch niemand mit Kundschaft gerechnet, jedenfalls erscheint uns die Bedienung noch etwa verschlafen.

Weiter geht es über kleine Nebenstraßen nach Vestone, schon in Pozza biegen wir rechts wieder ab, um viele viele gut zu fahrende Kurven später nach dem Passo di Marmentino auf die Straße hoch zum Giogo del Maniva einzuschwenken. Auf den vor uns liegenden Strecken erwarte ich für mich persönlich den Höhepunkt unserer Urlaubswoche. Am Abend werde ich mir sagen, dass meine Erwartungen absolut erfüllt wurden.


Rast an einer alten Miene an der SPBS345 vor Collio
© Foto: Jürgen Göbbels

Kurz vor der Passhöhe machen wir noch eine Rast an einer alten Mine – solche Industriedenkmäler faszinieren mich! – dann erreichen wir beim Refugio den Scheitelpunkt und stürzen uns sogleich hinab nach Bagolino.


Am Giogo del Maniva, Blick auf Bagolino
© Foto: Ralf Schreiber

Diesmal fahren wir Goletto Gaver und Golette di Cadino bergauf, da kann man es noch schöner laufen lassen als bergab!


Abfahrt vom Passo di Croce Domini zur Giogo della Bala
© Foto: Jürgen Göbbels

Oben am Refugio am Passo di Croce Domini machen wir Rast, hier oben verdecken Wolken die Sonne und auf den 1892 m über NN ist es schon recht frisch, trotzdem sitzen wir natürlich draußen. Kai treibt in reinstem Deutsch sein Spielchen mit der Bedienung: »Wie heißt Du?« – »Giuliana!« – »Ich heiße 'ich liebe Kai' sag mal meinen Namen: 'ich liebe Kai'«, wie fast immer erreicht er sein Ziel; essenstechnisch ist statt des Menues die Käseplatte der große Renner. Manfred bricht mit seiner Gruppe auf und fährt auf die Rampe runter nach Breno – er glaubt mir einfach nicht, dass wir da links die festgefahrene Straße den Berg hoch fahren sollen. Kurz darauf kommt er zurück, hebt noch mal fragend die Augenbraue und ich bekräftige: »Ja! Da hinauf geht die Route!«


Giogo Bala
© Foto: Ralf Schreiber

Kurz darauf folgen wir, zum Glück überlegen es sich die Wolken. Gut so, die Strecke ist auf Grund der Regenfälle der vergangenen Tage auch so nicht allzu einfach zu befahren, immer wieder hindern Schlammpassagen und entgegenkommende LKW – was zum Teufel treiben die hier oben? – ein ansonsten mögliches gutes Vorankommen. Zwischendurch sind immer mal wieder Teilabschnitte asphaltiert, warum gerade hier und nicht einen Kilometer weiter hat sich uns bis heute nicht erschlossen.


Radarstation auf dem Dosso dei Galli
© Foto: Ralf Schreiber

Wir passieren die Radarstation südlich des Balajochs und das zerstörte Refugio Bonardi, das Unterteil meiner FJR und meine Stiefel sind inzwischen schlammbraun eingefärbt. Wir tangieren wieder den Giogo del Maniva und ich überfahre zielsicher die »Durchfahrt verboten«-Tafel, wohl wissend, dass es hier nur um einen Haftungsausschluss geht. Manfred hat erst im Refugio nachgefragt und dort auch eine entsprechende Auskunft erhalten, auf Grund dieser Verzögerung ist er jetzt hinter uns.


Am Passo del Dosso Alto
© Foto: Peter Papenfuss

Am Passo del Dosso Alto, Blick zurück
© Foto: Jürgen Göbbels

Am Passo del Dosso Alto, Kai naht
© Foto: Jürgen Göbbels

Bald wird die Straße sehr schmal, Randsicherungen fehlen zum großen Teil, rechts geht es steil in den Abgrund; der von Anfang an vorhandene Schotter wird gröber, bleibt aber in der Größe der Steine relativ klein. Trotz meiner negativen Erfahrungen vom Vorjahr zweifle ich hier und jetzt keinen Augenblick und befahre voll konzentriert die Strecke, immer mal wieder einen Blick auf die grandiose Landschaft werfend. Die Gruppen sind inzwischen durchmischt, weil Manfred überholt hat; Toddy ist ihm gefolgt, dann kommen mehrere kleine Grüppchen. Immer mal wieder hält einer kurz an, um Fotos zu schießen. Obwohl es nutzlos ist, ärgere ich mich nochmal, dass ich auf meinen Fotoapparat verzichten muss. Wenn überhaupt Fotos, hier hätte ich sie gerne geschossen!


Kai und Peter
© Foto: Ralf Schreiber

in the desert
© Foto: Ralf Schreiber

Am Fuß des Passes kurz vor Anfo wartet Manfred in einer schattigen Kurve auf seine Gefolgschaft (verfahren konnte sich hier wirklich niemand!); als ich merke, dass meine Gruppe vollzählig ist, fahre ich weiter – ich habe Kaffeedurst. Irgendwie bleibt Toddy bei Manfred zurück – so entgeht ihm die spätere Kurvenhatz den Tremalzo hoch: Manfred und seine Gruppe beschließen nämlich, den Tremalzo auszulassen und abzukürzen, sie wollen lieber die Moppeds an der Tanke mit Hochdruckreinigern säubern.


Kai arbeitet mit Hochdruck …
© Foto: Ralf Schreiber

Robert
© Foto: Jürgen Göbbels

Spuren …
© Foto: Jürgen Göbbels
Meine Dicke und meine Stiefel bleiben bis zur Ankunft daheim dreckig. Putzen kann ich auch später daheim, jetzt nehme ich lieber jede Kurve hier mit!

Auf der Westrampe des Tremalzo hole ich alles aus der FJR raus, vor allem aber aus mir ;-) Anschließend genießen Annemarie und ich, Robert mit Veronika und Jürgen die Aussicht auf der Terrasse des Albergo Garda hoch oben auf dem Tremalzo. Natürlich sehen wir auch die berühmt-berüchtigte Schotterstrecke. Da die Durchfahrt aber nur unter bestimmten Voraus­setzungen erlaubt ist, verzichten wir heute ;-)

Wie so oft in diesen Tagen drängt am Nachmittag die Zeit und wir fahren den Tremalzo wieder runter (natürlich die Westrampe auf Asphalt), erfreuen uns später am schön gelegenen Lago di Ledro.

Blick auf die Schotterstrecke am Tremalzo
© Foto: Jürgen Göbbels

Soll ich aus Zeitgründen den Aussichtspunkt am Tunnelausgang nach Pregasina ausfallen lassen? Nein, die Teilnehmer haben die volle Reise gebucht und kriegen auch das volle Programm! Also durch den Tunnel und voila, eine weise Entscheidung! Herrlich fällt der Blick auf den Lago di Bènaco, auf Riva und Torbole (von hier aus und nicht unten mitten im Verkehr sehen sie sehr schön aus!), auf den im leichten Dunst liegenden Monte Baldo, auf die Serpentinen der alten Straße runter nach Riva. Ein Hochgenuss!


Leider verstellten einige Moppedfahrer am Aussichtspunkt die herrliche Sicht ;-)
© Foto: Peter Papenfuss

Zurück durch den Tunnel, dann die lange Röhre runter nach Riva, die Gardesana nach Limone. Wieder zögere ich. Geplant ist die Fahrt über Tremosine nach Pieve, Brasaschlucht erst runter, dann wieder rauf und über die kleine Kurvenstrecke durchs Hinterland nach Tignale. Das wird zu spät! Gut, runter sind wir die Schlucht schon gefahren, also machen wir jetzt nur den Turn nach oben. Als wir im Hotel eintreffen, sind alle rechtschaffen müde.


Blick vom Aussichtspunkt nach Riva und Torbole, wie so oft ist es über dem See diesig. Links im Fels die alte Straße.
© Foto: Jürgen Göbbels

Später höre ich einige Gesprächsfetzen, dass das keine Strecken für Sporttourer gewesen seien, von mulmigen Gefühlen wird gesprochen, die Angst vor kaputten Reifen auf den spitzen Schottersteinen wird thematisiert. Annemarie, meine hartgesottene Sozia, wiegelt ab: das sei klasse gewesen, so richtig abenteuerlich (sie ist aber auch einiges gewöhnt, z.B. die Fahrt durch die drei damals noch nicht asphaltierten und mit Eisresten am Eingang versehenen Tunnel oben am Monte Zoncolan). Trotzdem kommen mir leise Zweifel, ob die Streckenauswahl so richtig war. Nach dem Abendessen kommt Veronika zu mir und dankt mir für die schöne Tour. Sie sei ja erst nicht so begeistert gewesen – aber nachdem das Erlebte etwas gesackt sei, finde sie die Tour sehr schön, erlebnisreich und erinnerungswürdig. Da das heute sowieso mein persönlicher Tourfavorit war – vorher und erst recht nachher – bin ich jetzt doch sehr zufrieden mit dem Tag. Später werde ich auch noch von anderer Seite hören, ja, schon, es war grenzwertig, aber irgendwie auch ein Erlebnis. Na dann, »Gute Nacht, John-Boy – Gute Nacht, Elizabeth!«

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