»Viaggio al Lago di Bènaco«

Autor: © Detlef Teichmann
Banner: © Tina Behring
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Dienstag, 04. September 2012

Ruhetag – aber nicht für alle. Ein paar Unentwegte fahren zum Kaiserjägersteig.


Noch ist es trübe
© Foto: Peter Papenfuss

Als wir am Dienstag wie gewohnt aufstehen (das Wetter könnte ja doch …), sieht die Welt draußen wirklich nicht sehr freundlich aus, der Gardasse ist von der Terrasse kaum auszumachen. Egal, nachdem Tisch und Stühle trocken gewischt sind, frühstücken wir trotzdem auf der Terrasse. Auch Tina und Manfred frühstücken schon, sie sind heute bereits, wie sie es jeden Morgen tun werden, rund um Tignale gejoggt. Respekt! Da muss ich wohl noch an mir arbeiten! Gegen Mittag werde ich einen Teil der für den Ruhetag angebotenen Tour fahren. Ich will unbedingt wieder den Blick auf Lago di Caldonazzo und Lago di Levico werfen. Und dann habe ich da noch ein paar Strecken rausgesucht, die ich noch nicht gefahren bin. Wenn nicht jetzt, wann dann?


Italienische Samtpfote
© Foto: Jürgen Göbbels

Manfred und Tina beim Frühstück
© Foto: Ralf Schreiber

Schnell finden sich ein paar Mitfahrer. Wir legen los, wieder geht es in nordöstliche Richtung, dummerweise liegen da immer noch Riva, Torbole und Nago im Weg … Wir beobachten aber die italienischen Rollerfahrer und wundern uns, wieso man uns geraten hat, innerorts nur ja keinen zu überholen oder durchgezogene Linien zu überfahren – da würden die Italiener schwer sauer drauf reagieren! Hmh, und was ist mit den Rollerfahrern? Erste zaghafte Versuche machen Mut, aber trotzdem Vorsicht, da fahren fast so viele deutsche wie italienische Autos rum.

Heute sind wir etwas schneller aus Nago raus. Bei Loppio geht es dann ins Paradies hoch nach Manzano. Die Straße wird enger, die Landschaft ist herrlich. Ich fahre etwas langsamer, denn die Sicht ist im engen Geläuf nicht überall berauschend. Prompt kommt mir irgendwann ein Auto entgegen. Es könnte ja auch ein Gogo sein, aber nein, natürlich ist es ein dicker, fetter Geländewagen. Irgendwie scheint der Fahrer kein rechtes Verständnis für Moppedfahrer zu haben, die auf seiner Straße spazierenfahren, jedenfalls fährt er nur unwillig etwas hin zum Straßenrand und rollt auch langsam weiter. Annemarie und ich kommen noch so eben vorbei, hätten wir anhalten müssen, wären wir wahrscheinlich umgefallen. Langsam fahren wir weiter – schon ist die Szene hinter der nächsten Biegung außer Sicht. Irgendwie kommen die Burschen wieder nicht hinter mir her. Mist, mit schwant Übles!


Enge Straße hinter Manzano
© Foto: Jürgen Göbbels

Ein paar Meter weiter finde ich einen Platz, an dem ich die Maschine abstellen kann – wenden ist hier nur in mehreren Zügen möglich. Zum Glück kommt die Meute dann aber auch schon angefahren. Wieder hat es Michael und Christine erwischt. Wie schon von mir beobachtet, war der Fahrer mit seinem Gefährt nicht stehengeblieben, sondern langsam weitergerollt, wohl nicht darüber nachdenkend, dass ein Moppedfahrer anderen physikalischen Gesetzen unterworfen ist. Für Michael war es dann einfach zu eng, aber dem Autofahrer konnte man wohl nur eine moralische Schuld ankreiden. Auch diesesmal passiert nicht wirklich was, allerdings ist das rechte Blinkerglas etwas eingedrückt. Und der arme Michael muss sich den Rest des Urlaubs den Spruch anhören, wenn er rauchen wolle, brauche er die Maschine nicht extra auf die Seite legen, ein kurzes »Bescheid« reiche auch …


Oben am Passo Coe auf 1608 m
© Foto: Jürgen Göbbels

Nach dieser Einlage ist Michael durch den Wind (irgendwoher kenne ich das vom letzten Jahr in Frankreich doch auch!) und er beschließt, das er heute keine engen Straßen mehr fahren will; also klinkt er sich mit Christine aus, um die Gegend auf eigene Faust zu erkunden.


Blick ins Val d' Astico
© Foto: Peter Papenfuss

Wir folgen der rosa Linie des Navis, erleben kleinste Straßen, von der Welt vergessene Dörfer, fahren durch Gassen, die kaum breiter als die Maschine sind. Die anderen wundern sich, mit welcher Zielsicherheit ich agiere, aber ich kenne mein Navi. In fast jedem Fall kann ich mich auf die allerdings auch sorgfältig ausgearbeitete Route verlassen. Über Folgaria erreichen wir den Passo Coe, legen dort die vorgesehene Pause ein, aber eigentlich ist das ja die Frühstückspause – und es ist schon weit nach Mittag!. Keine Restauration. Annemarie motzt, sie habe Hunger, Kai will eine Currywurst mit Fritten. Hmh, ich muss mir wohl was einfallen lassen. Jetzt kommen zwar Kurven und Kurven, der Passo di Valbona, und Kurven, dann wieder Kurven. Aber kein Restaurant in Sicht. Als uns hoch oben im Felsen, keine Menschenseele weit und breit, ein herrlicher Blick weit über das zerklüftete Tal auf Valdastico am gegenüber liegenden Hang vergönnt ist, finde ich mich damit ab, dass wir frühestens in Arsiero eine Essgelegenheit finden werden. Arsiero? Ja, da waren wir zwar gestern schon, aber es führen ja mehr als 2 Straßen in und aus dem Ort ;-)


Albergo Chiosco Alpino
© Foto: Jürgen Göbbels

Wir biegen um eine scharfe Kurve, da steht doch wahrhaftig ein Albergo am linken Wegesrand. Anker geworfen, abgestiegen, auf der Terrasse breitgemacht. Mensch, was ein Glück, mitten in der Pampa! Wir essen und trinken, alle sind zufrieden. Kaum sind wir losgefahren, wirklich nur etwa 200m weiter, öffnet sich der Blick, wir befinden uns auf einer Hochebene. Mehrere Orte liegen kurz hintereinander. So kann man sich irren! Von wegen Pampa! Aber egal, wir sind satt, so können wir ohne knurrenden Magen die endlose kurvige Abfahrt, immer der steilen Bergflanke entlang, in Angriff nehmen.


Lago di Caldonazzo und Lago di Levico
© Foto: Detlef Teichmann

Wir fahren durch das Val d' Astico, sehen jetzt Valdastico von unten (hat der Ort jetzt seinen Namen vom Tal oder eher umgekehrt?) Wir lassen Lavarone hinter uns, das Straßenstück kommt mir bekannt vor, dass sind wir gestern in anderer Richtung gefahren (ob es einer der Mitfahrer gemerkt hat?), dann das Hinweisschild »Kaiserjägerstraße«. Wir nähern uns der magischen Aussicht. Ein paar Kurven weiter sehen wir links den steilen Parkplatz, ich parke gegen den Berg und dann genieße ich den weiten Blick auf die beiden Seen. Wie oft habe ich hier schon gestanden, immer wieder bin ich begeistert! Als wir noch so stehen und schauen, kommen einige Oldtimer die Kaiserjägerstraße gefahren, ganz großes Aufgebot! Begleitfahrzeuge, ein Hubschrauber mit Kameramann mit richtig großer Kamera – wir staunen, mit welchem Geschick der Pilot das Fluggerät manöwriert **Respekt**; nur auf dem Kopf stehend fliegt er nicht!


Der hatte es drauf …
© Foto: Jürgen Göbbels

Einer der Oldtimer (ADAC Trentino Classic)
© Foto: Peter Papenfuss

Hier berechne ich nun die Route neu, schließlich müssen wir abkürzen, wir sind ja nicht am Morgen losgefahren! Vor der Nordauffahrt zum Monte Bondone will ich wieder auf die ursprünglich geplante Route treffen, doch irgendwo bei Vigolo Vattaro entscheide ich mich schweren Herzens, die Route abzubrechen und auf kürzestem Weg nach Elisa zurück zu fahren. Bei solchen Gelegenheiten neige ich dazu, mich zu ärgern, weil ich das mir vorgenommene nicht schaffe. Aber Zitat Fledermaus (Johann Strauß): »Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.« (der hat es aber auch nur von Kaiser Friedrich III. entlehnt, der schon Jahrhunderte zuvor sagte: »Rerum irrecuperabilium felix oblivio«)
Jetzt habe ich doch einen Grund, noch mal hierhin zu fahren! :-)

Also ab auf die SS12, Richtung Rovereto. Dort kommen wir ganz gut durch, dann wieder das Dreigestirn Nago, Torbole, Riva. Grrr! Ich würde ja jetzt frecher agieren, aber ich merke bei meinen zaghaften Versuchen, dass der Rest der Gruppe nicht so recht überzeugt mitzieht. Da ich diesesmal den Rest des Weges mit meinen Leuten zurück fahren will, nehme ich etwas Spontanität und Improvisation raus, trotzdem erreichen wir gegen 19:00 Uhr unser Hotel.


Blick auf Limone sul Garda
© Foto: Detlef Teichmann

Leider war heute das Verhältnis freie Strecke zu Ortsdurchfahrten nicht so ausgewogen, lag also nicht bei 90:10, aber wer (zu) spät losfährt, denn bestraft der Berufsverkehr. Und direkt um den Gardasee ist nun mal dicht besiedeltes Gebiet. Wie ich aber höre, hat allen die Tour gut gefallen und so bin auch ich zufrieden. Und der Rest der Truppe hatte den Tag auch auf unterschiedlichste Weise verbracht: Einkaufsbummel (»Schuhe kaufen!« **Augenroll**), Wanderung, Pool – diese Begriffe sind mir in Erinnerung geblieben.

Wie immer klingt der Abend auf der Terrasse aus. Man merkt, dass es schon Anfang September ist, bricht die Dunkelheit doch recht früh über den See herein. Bis Mitternacht quatschen und trinken wir und lassen immer wieder die Blicke über den Lago de Bènaco (wie der See auch genannt wird) schweifen. Die Lichter in den Örtchen am Ufer verraten uns die Konturen – erkennen können wir nichts mehr …

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