»Viaggio al Lago di Bènaco«

Autor: © Detlef Teichmann
Banner: © Tina Behring
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Montag, 03. September 2012

Passi di Valbona, Passo di Vezzana, Passo della Fricca, Passo Creina

Für heute ist mittelprächtiges Wetter angesagt, die Regenwahrscheinlichkeit zwar gering, aber man weiß es nie, vor allem in den Bergen – und dahin wollen wir von unserem Domizil ja auch. Geplant ist die Entdeckung der Region um das Gebiet der 7 Gemeinden, wobei man das natürlich nicht so genau eingrenzen kann. Es geht bei der Planung (zumindest bei meiner) ja immer darum, möglichst viele Highlights in eine sinnvolle (ist Motorradfahren überhaupt sinnvoll? Ja!) Tour zu packen und auch die Pausen müssen einigermaßen stimmen, daher bemühe ich mich immer, die Tour recht gleichmäßig zu vierteln.


Hotel Elisa, Terrasse
© Foto: Jürgen Göbbels

Blick in die Brasaschlucht
© Foto: Jürgen Göbbels

Nach reichhaltigem Frühstück, mit Genuss auf der Aussichtsterrasse zum Gardasee eingenommen, machen wir uns zur Abfahrt um 9:00 Uhr bereit. Kurz wird abgeklärt, wieviel Sprit noch in den Tanks ist und wir kommen überein, dass es noch nicht gar so eng ist. Also nimmt meine Gruppe den geplanten Tourverlauf, wieder durch das Kurvengeschlängel Richtung Tremosine, kurz vorher biegen wir aber rechts ab und halten uns gen Pieve. Dort wartet ein erster Leckerbissen auf uns: die Brasaschlucht.

Genussvoll und langsam passieren wir die tief ins Gestein eingelassene Straße. Schon bald zeigt sich, dass das aktuelle Kartenmaterial bei google-Maps, das kurz vor der Tour bei mir noch fast einen Herzkasper ausgelöst hätte, zumindest an dieser Stelle nichts taugt. Das Pärchen auf dem Mopped vor uns überholen wir nicht; so werden wir Zeuge, wie plötzlich ein einheimischer Lieferwagen um eine uneinsehbare Biegung kommt, der Fahrer vor uns verbremst sich und beide Passagiere kippen samt Motorrad nach rechts gegen die Felsen. Dort zappeln sie wie der Fisch im Flokati, fallen sie doch nicht richtig um, kommen aber auch mit der Maschine nicht wieder in die Senkrechte. Natürlich halten wir sofort an und helfen den Beiden. Die Zwei und das Mopped sind aber ok, also weiter geht die Fahrt. In Limone tanken wir erst mal das flüssige Gold – darum muss es sich wohl handeln, wenn man die italienischen Kraftstoffpreise sieht. Wie wir später erfahren, hat Manfred mit seiner Gruppe einen anderen Weg gewählt und auf die Brasaschlucht verzichtet, weil einigen in seiner Gruppe der Sprit ernstlich auszugehen droht. Trotzdem findet auch er nicht früher eine Tankstelle; bis zu dieser reicht es aber für alle.

Im Anschluss dürfen wir zum erstenmal erleben, was es heißt, Riva, Torbole und Nago durchfahren zu müssen, aber eine sinnvolle Umfahrung gibt es einfach nicht. An diesem Tag bleiben wir brav in der Schlange und quälen uns durch den Verkehr; erst hinter Nago wird es etwas besser. Axel hatte ich am Morgen auf die Frage, wohin es denn heute geht, die Richtung »nach Osten«, »Vezzena« und »7 Gemeinden« gesagt, prompt kam die Nachfrage »Monte Baldo?«. »Nein« hatte ich geantwortet. Und nun verlasse ich (die beste Sozia von allen, Annemarie, ist natürlich – als einzige Sozia bei allen Touren –– mit dabei!) bei Mori die Schnellstraße und halte schnurstracks auf den Monte Baldo zu. Was mögen sich Axel und Daggy jetzt wohl denken? Aber natürlich habe ich nicht geflunkert, in Brentonico blinke ich links und wir fahren nun kurvenreich hinab ins Val Lagarina, ein Stück die SS12 bis nach Rovereto hinein und dahinter haben wir endlich freies Geläuf vor uns.


Stimmungsvolle Landschaft
© Foto: Peter Papenfuss

Kriegsdenkmal in Arsiero
© Foto: Jürgen Göbbels      

Auf einem der vielen schön angelegten Rastplätze hinter Noriglio machen wir Pause. Auch Manfred steht hier mit seiner Gruppe, eigentlich müsste man von hier die Felsenkapelle von San Colombano sehen können, aber es gelingt mir nicht, sie auszumachen (no matter, ich weiß ja, dass wir sie auf einer der späteren Touren noch besuchen werden). Als wir gerade weiterfahren wollen, fängt es leicht an zu regnen, wieder ziehen die meisten ihre Regenklamotten über. Gegenüber solchen Anwandlungen bin ich gefeit, hat mich doch mein Atlantis 4 bisher noch nicht im Stich gelassen. Für die Tour ist es jedoch gut, denn kaum haben die Mitstreiter die Überzieher an, hört der Regen zuverlässig wieder auf. Ich finde es nett, dass sie sich so für das Wohl der Gruppe aufopfern!

Ab hier ist freie Fahrt angesagt, kaum noch Orte stören unseren Fahrgenuss. Wir fliegen die SP2, ab Terragnolo die SP138, hinter dem Passo della Borcola die SP81 entlang. Als wir in Arsiero einfahren, sehen wir unvermutet die Maschinen der anderen Gruppe im Ortskern stehen. Ha!, die Burschen haben eine geöffnete Bar entdeckt und nutzen direkt die Gelegenheit für eine ungeplante Cappu-Pause – die will meine Gruppe jetzt natürlich auch haben (und das gibt den Sozias auch eine willkommene Gelegenheit, das stille Örtchen zu besuchen). Weiter geht es hinter Mosson eine super ausgebaute Serpentinenstrecke hinauf. Warum hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung angegeben ist und zusätzlich gemeine Bereichsüberwachungen aufgebaut sind, erschließt sich mir nicht ganz (ob wir wohl noch Post aus Italien kriegen?). Nach einigen Kilometern auf der Hochebene erreichen wir schließlich Asiago, unsere Mittagsstation.

Die ausgesuchte Pizzeria hat geöffnet, zügig werden wir bedient. Als wir aufbrechen wollen, geht ein Platzregen nieder, der uns zwar nichts anhaben kann, da wir noch unter den großen Sonnenschirmen des Restaurants sitzen. Aber der Regen zieht genau in unsere Fahrtrichtung. Wir bleiben zwar von oben trocken, aber mit der Hinterlassenschaft müssen wir leben: eine nasse Straße (SP349) und **heul** was für eine geile Straße! Da hätte man im trockenen Zustand ohne Ende kilometerlang die Rasten schleifen lassen können. Wir fahren zwar auch verhältnismäßig zügig, aber Manfred hatte es besser. Er ist dem Regen vorausgefahren und die Gruppe hatte eine trockene Fahrbahn. Glückspilze! (Günstlinge von Petrus!)


Zentrum in Asiago
© Foto: Peter Papenfuss

Hinter dem Passo de Vezzena , so etwa ab Chiesa, ist die Straße wieder trocken, den Passo della Fricca nehmen wir mit links und siehe da, in Mattarello stehen wieder alle Maschinen von Geschwader 1 in Reih und Glied am Straßenrand. Die Piloten sind im »Alimentari«-Laden verschwunden, um für die kommende Pause einzukaufen – soll diese doch wieder auf einem der schönen Parkplätze am Lago di Cei stattfinden. Wir eifern ihnen nach. Als wir in Richtung unseres Etappenziels fahren, verfinstert sich der Himmel zusehends, am vorgesehenen Pausenpunkt wabert der Nebel. Da fahren wir lieber weiter und ich halte kurze Zeit später am Albergo auf dem Passo Bordola. Während wir den Cappu trinken, öffnet der Himmel richtig die Schleusen – dieses eine Mal hilft leider auch der Trick mit dem Regenzeugs nicht. Die Laune sinkt doch bei allen merklich, vor allem die Sozias sehen nicht mehr sehr glücklich aus.


Kai + Teddy
© Foto: Ralf Schreiber

Tina + Annemarie
© Foto: Ralf Schreiber

Im schüttenden Regen fahren wir in Ronzo-Chienis ein, ich biege rechts ab, sehe noch, dass mir Axel mit Daggy folgt und denke, na, alles ok. Am Ortsende stehe ich dann mit Annemarie alleine im strömenden Regen, keiner mehr hinter mir. Also wenden, das Stück im Ort zurück, bis zum Punkt, wo man sich das letztemal gesehen hat; erfolglos. Axel erzählt später, dass er den Rest der Gruppe hinter sich geradeaus hat fahren sehen, gewendet hat und hinter ihnen hergejagt ist. Als er sie gestellt hat, sind sie aber einfach stehen geblieben, statt das Stück zurück zu fahren. Irgendwann gebe auch ich die Hoffnung auf (die Jungs haben ja alle Navi und werden zum Hotel finden), fahre die vorgesehene Strecke, quäle mich wieder durch die Orte im Norden des Sees. Der Regen hört zwar wieder auf, wir fahren uns fast trocken, aber zwei Kilometer vor Tignale geht es wieder richtig los und wir fahren im strömenden Regen in Tignale ein. Und – perfekte Regie – auf einmal ist die gesamte Gruppe wieder hinter mir. Wenn es nicht eine Petze gegeben hätte, wäre den anderen das Missgeschick gar nicht aufgefallen (böse, böse!).

Schnell ausziehen, die Sachen in den Trockenraum verfrachtet, heiß duschen und schon wenige Minuten später freue ich mich auf das Abendessen. Der Abend klingt wie immer bei Kaltgetränken und eifrigem Reden über das tagsüber Erlebte auf der Hotelterrasse aus – zum Glück gibt es dort einen Bereich, dem der Regen nichts anhaben kann. Immer wieder kommt das Gespräch auf das morgige Wetter. Die Vorhersage verspricht für den Morgen noch Regen, ab dem späten Vormittag und die nächsten Tage soll es peu à peu besser werden und sich bis Sonntag halten.


Neulich, auf der Terrasse …
© Foto: Ralf Schreiber

Von vorneherein hatten wir einen Ruhe- oder Schlechtwettertag eingeplant, obwohle es für jeden Tag eine komplette Tour gibt. Wir beschließen, diesen Ruhetag morgen am Dienstag zu nehmen.

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