Tour der 1000 Kurven 2005

FJR-Tourer Deutschland präsentierten:
3. Tour der 1000 Kurven für Yamaha FJR 1300-Fahrer
Organisation:   Hämi Hähle (8),   Hartmut Henricks (57)   und   Horst Ulmer (9)
Routenplanung, Roadbookerstellung: Hämi Hähle Elektronische Umsetzung: Detlef Teichmann
Route Format Garmin CityNavigator 6
unter  Routendaten Deutschland
Route Format Motorrad Tourenplaner 2006/2007
unter  Routendaten Deutschland

Am besten ist die Musik dazu zu hören!

Freitag, die Eifel ruft, vor dem Abzweig auf die A1 überhole ich eine rote Flunder, gefiel ihr wohl nicht. Pfeift die wieder an mir vorbei, 180 liegen auf dem Tacho, linke Spur 200, 220, 240 ein Orkan brüllt gegen den Helm, weit voraus einer auf der Überholspur, der Rote lässt ausrollen, geht rechts rüber, ich rolle links weiter, macht er gut. Die Bahn wird frei, der Rote lässt mir den Vortritt, weiß er wohl, was da hinter ihm schnurrt. Der Quirl geht auf Anschlag, die Dicke schießt mich wie mit dem Dampfkatapult übers Deck, in den Adrenalin-Himmel, der Ferrari verliert an Größe im Spiegel, alles frei, 250, rechts rüber, der rote Plattfisch holt wieder auf und brät an mir vorbei. Das Spiel spielen wir bis Münster, der Rote wird langsam, hat den Blinker raus, ich fahre auf seine Höhe, er grinst, und hebt den Daumen, ich auch, schade. Die ersten 300 km knapp unter zwei Stunden erledigt.
Da der Roller gerade so dahin schnurrte, habe ich ihn einfach bei 200 weiter laufen lassen. Schild ganz oben, aus den Ohrstöpseln rockt Rod Stewart, the rhythm of my hard. So habe ich nach etwas mehr als vier Stunden die 520 km bis Gladbach geschafft.

Mittag essen und Kaffee trinken, plauschen bei meinen Eltern. Gegen 16:00 Uhr die letzten 90 km zur Kronenburg abrocken. Ankunft, die Burg liegt etwa 650 Meter hoch, und ist ein malerischer Ort. 50 vor Christus bis 400 nach turnten die Römer in den Wäldern der Eifel, dann bis 750 bohrten die Franken Astlöcher, bis 900 die Karolinger, 1277 witterte das Geschlecht Kronenburg, dass das Gebiet Zukunft hat. Der Ort liegt noch knapp in NRW und etwa acht Kilometer von der Belgischen Grenze.

Die Zimmer der alten Burghäuser sind sehr schön renoviert und sehr sauber, die Häuser sind angelehnt an die Burgmauern erbaut worden, und über allem thront die Burgruine. Die Stadtanlage steht auf einem an drei Seiten steil abfallenden Bergkegel.

Nachdem ich mein Zimmer bezogen hatte, wurde der Rittersaal zur Tafelrunde in Beschlag genommen. Es gab unter anderem die rheinische Spezialität Sauerbraten mit Knödeln und Rotkraut. Da ich ein alter Gladbacher bin, war das für mich wie Weihnachten. Jahre nicht mehr genossen, schmolz ich in der Rosinensauce dahin.

Weiter ging es mit einer feucht fröhlichen Oldie-Night, mit der Verlosung einiger sinnvoller Ausrüstungsgegenstände für Biker. Während ich das illustre Treiben beobachte, blitzt das Wort Whisky in meinen grauen Windungen auf, leichte Gier im Blick, tasten sich meine Augen zurück. - der blonde Schopf des Barmannes, grüne Dreieck Flasche Glenfiddich. Ich glaub, ich fang an zu sabbern. Der Abend muss durch den Single Malt und eine Zigarre abgerundet werden. Leider gab es nur einen Eiswürfel in den edlen Tropfen, anstatt Wasser, um die Aromen aufzuschließen. Es tat meinem Vergnügen aber keinen Abbruch. Köstlich war es allemal. 24:00 Uhr ab in die Fötushaltung.

06:00 aufstehen, einmal um die Burg joggen, den Ort im Morgengrauen durchstöbern. 07:30 Frühstück OK, nur das Ei musste man mit einem Ziegelstein aufschlagen. Was würde man auch erzählen, wenn alles perfekt ist? Bei Kaffee und Brötchen konnte ich lesen, dass der Aufschwung der Region nicht die Biker brachten, sondern eine Eisenbahn, die 1912 von Jückerath nach Malmedy gebaut wurde.

Ab zehn Abfahrt in Zehnergruppen mit Coach, alle zehn Minuten. 130 Motorräder, ein beeindruckender Anblick, Gruppe sieben, waren wir, formieren am Stadttor, Abfahrt mit Musikbegleitung und Ritterschlag. Tacho auf Null, warm rollen ist nicht, nach 50 Metern die ersten Serpentinen, bis hinunter zur B421, km 3, rechts, Kurven, im Ort rechts, km 6 links, km 9 links bergab kurven.

Hab schon ein Zucken in den Mundwinkeln, in meinem Ohren jazzt Dave Brubek vom Mp3 und begleitet mit seinem Take five die ersten Gehversuche in der Eifel, perlend flüssig wie die Melodie rollt die Gruppe durch die Kurven und den noch jungen Tag.
Km 11 Bauernstraße, enge Kurven tief drücken, Rasten schlagen schon mal Funken. Schauer laufen mir über den Rücken, ist wohl noch sehr frisch. Eine der wenigen Geraden, kurz Luft holen, km 13,7 Serpentinen hinunter nach Stadtkyll, Tina Turner schlägt mir den Takt mit Nut bush city limit, Schlagzeug stakato piano Akkorde wie die Kurven kommen. Rechts links rechts links km 19,2 Bauernstraße Richtung Ormont, 4km drücken, und zackig legen.

Fetter Wahnsinn, Stefan Gwildis, Hamburgs Soul Stimme flüstert in mein Ohr, Papa was a rolling stone, Hiheads schlagen Kurventakt, das Cello zieht mir wie die Kurven eine Gänsehaut über die Ohren, der Helm wird eng, die Bürste stellt sich auf, Kurven, Kurven, km 43 Kreis Bitburg. Die Gruppe überholt vor dem Abbiegen bergauf einen LKW. Ich und mein Hintermann bleiben hinter dem Laster. Wir schleichen hinter dem Klotz her, die Gruppe ist weg. Laster biegt ab, lass fliegen, R. Celly dröhnt I believe i can fly, Serpentinen, die Gruppe einholen, freie Fahrt, lass sie fliegen.

Die Zuckungen werden schlimmer, die Linke krampft am Hebel, dann die rechte, die Augen wollen raus. Beide Hände lösen wieder, die Rechte krampft am Quirl, die Augen wollen wieder rein. Mein Gelenkbus huschte geschmeidig durch die Kurven, die digital bunte neuner Kawa hing dichter an meinem Hintern, als einem Hetero lieb sein kann.

Der Kamm ist erreicht, Streicher untermalen I believe i can touch the sky, mein Verfolger im Rückspiegel, Funken fliegen, ab ins Tal. Die Silbergraue fließt durch die Kurven, ich hab Gesichtszugentgleisung, permanent grinsen, nur noch chirurgisch zu entfernen. If i just believe it, … I believe I can fly

Im Tal kurz vor dem Abbiegen ist die Gruppe wieder in Sicht, und der Verfolger klappt aus der Kurve in die Senkrechte. Weiter Kurven, Kurven, Kurven.

Km 81 traumhaftes Tal Lampertzbach, Dune säuselt aus den Ohrstöpseln nothing compares to you, saftiges Grün von Bächen durchzogen, blühende Apfelbäume, besänftigt das Gemüt, das Flackern in den Augen flaut etwas ab, die Blase meldet sich. Km 90 Mittag alle zehn Minuten treffen zehn Leute mit Coach ein, die Bedienung ist, trotzdem sie am Tag vorher wusste, was jeder essen will, nach kurzer Zeit total überfordert.
Aber was soll’s, ich will Kurven, und nicht die drallen Rundungen einer rotkopferten Wirtin bewundern, Essen inhalieren und los.

Achterbahn fahren gefällig, traumhafte Waldstrecke. Bonnie Raitt I can make you love my schon geschehen the morning will come leider. km 102 bis 114 Serpentinen, 121 Trierscheid, Serpis, Serpis, Serpis, 147 bei Sierscheid die beste Serpentinenstrecke der Eifel überhaupt. Sting dudelt a thousand years Jepp mindestens solange sollten wir fahren. Kaffeepause, die sind frisch, nett, freundlich, besser organisiert. Beim Cappuccino lass ich die Seele baumeln, ein kleiner Fluss rauscht im Hintergrund und relaxt mich zum schweben. Gesprächsfetzen über Kurven, Strecken, Landschaften dringen an mein Ohr, lachende Gesichter. Kann leben schön sein.

Bin wie im Rausch, weiter km 154 bis 167 Serpis, Kurventanz und Achterbahn, Kein pardon für Rasten, darf die Tour zu Ende gehen, sorgt sie doch besser als Yakult für mein inneres Gleichgewicht und die Gesundheit meiner Darmflora. Lass ich mir noch eine von meinem Hausarzt verschreiben?

Wir fahren in das schöne Sahrbachtal, trennen uns bei km 173 von der Schönheit, der Berg ruft »Achterbahn fahren«. Barclay James Harvest HymnThe mountin so hig, hellip; you stand up there, the had in the clouds, ja es ist ein Traum, zehn Dicke klappen der Reihe nach in die Kurve und richten sich magisch wieder auf legen sich wie eine Perlenkette um die Serpentinen, Genesis, follow my follow you … is such a perfekt day, und alles vor dieser Kulisse.

Km 185 Lanzerath Serpentinen yippie, km 190 Richtung Bad Münstereifel, Serpentinen yippie, km 200 yippie. Die Sonne sinkt, Wolken ziehen auf, Hevia dringt schwer und getragen an mein Ohr.
Die Karawane rollt, der Dudelsack perlt durch das Stück wie wir über die Straßen. Ein Didgeridoo dröhnt wie das abtouren der Maschine. Ein Tag geht zu Ende, wer trägt die Verantwortung dafür?

Kaum Autos auf der Strecke, an eine Ampel kann ich mich erinnern, aber das will nichts heißen, Harti meinte, ich wäre gut im Vergessen.

Würde man eine Wertung von mir erwarten, würde ich sagen:
Die Tour war wie ein »Glenfiddich 1937« ein 64 jähriger Malt Whisky, mit immensem Bukett.
Weich und seidig, bemerkenswert, wickelt sich um das Gemüt,
Aromen Toffee in Puderzucker, Karamellsirup, Crème Brûlée,
Gebrannte Mandeln, Unwiederholbar.

Und der Nachtisch, die Heimreise, war die passende Cohiba dazu, die Zigarre aller Zigarren.

Printenhaus, wir sind am Ziel, Kaffee, Preise werden auch verlost, und dann zurück zur Burg. Die teuren Rosse kommen in den inneren Verteidigungswall, sicher aufbewahrt für die Nacht. Die Karawanserei der Biker, Kronenburg sorgt für Geborgenheit und die Sicherheit, von Ritter und Ross, nach vollbrachten Heldentaten.

Der Kamin ist schon angeheizt, so dass die erlauchte Tafelrunde bei guten Bier und Wein und einem fürstlichen Mahl den Sagen der Knights of FJR lauschen können. Das Haus sorgte mit allem, was ihm zu Gebote stand, für das Wohlgefühl der Gäste.

Dem prallen Treiben frönte ich bis zur Geisterstunde, dann zog ich mich in meine Kemenate zurück.

07:00 Uhr heiß Duschen, Packen, ein Blick aus meinem Fensterchen auf die verschlafene Eifel. 07:30 Ziegelstein, Frühstücksei köpfen, eine kleine Schar von Frühaufstehern bekamen die Kiesel-Köchin zu fassen, und es entbrannte der Geschlechterkampf um das Fünfminuten Ei.

Da waren sich sogar die Bayern und Preußen einig, dann lieber gerührt nicht geschüttelt und mit Zwiebeln und Speck. Bis nächstes Jahr, Abfahrt 09:30 über Bad Münstereifel ins Rheintal hinunter durch unsere alte Hauptstadt Bonn. Anschließend ein paar kurze Autobahnetappen, Siegburg yippie Kurven zum Heimtouren da fällt der Abschied leichter.

Viel Landschaft am Möhnesee entlang, ein kleines Stück A44, überquere Lippe und Ems, ein wenig A2, auf der Auffahrt rutscht eine BMW an mir vorbei mit Vierzylinderbrikett, hänge mich hinten ran, das Kantholz wird immer schneller bei 230 ist Ende, meine Reserve blinkt, da lass ich das Überholen lieber ausfallen. Hab noch 25 km bis zur Abfahrt. Da setzt die Landmaschine den Blinker, und ich muss wieder allein meines Weges ziehen. Runter von der Bahn, letzter Tankstopp vor der Couch.

Weiter über die Weser und begleite sie ein Stück auf ihrem Weg, auf der B 61 und der B 215. Das Steinhuder Meer lasse ich rechts liegen, und passiere auf der Höhe von Celle die Aller. Ab Walsrode rolle ich auf Nebenstrecken bis Schneverdignen, hier mache ich die zweite Kaffeepause bei meinem Freund Enrico.

In der Abendsonne betrachten wir seine nagelneue XJR mit viel Wohlgefallen und halten unser rituelles Benzinpalaver. Meine Freundin ruft an, wo bleibst du denn, mache mir schon Sorgen, bin bei Enrico in Schevi, musste unbedingt einen Kaffee haben. Nun, ein schönes Wochenende ist vorbei, die letzten 50 km lass ich die FJR gemütlich laufen, und am Horster Dreieck denke ich, nun könnte man links ab auf die A1 wieder von vorne beginnen. 18:00 Motor aus, 1450 km in drei Tagen, Anreise 600 km BAB, Eifel 250 km Serpentinen und Kurven, Heimreise 600 km gemischt.

Ein geniales Wochenende dank  FJR-Tourer-Deutschland, und den Organisatoren der Tour der Tausend Kurven.

Dies sind die Götter und Heldensagen der HH-Tourer. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, oder Umständen sind pure Zufälle.


Text: © 2005  »Amboss«  Werner Herx